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Menschen mit pastoralem Auge sehen

Bischof Bernardo Johannes Bahlmann über die Unterschiede in der deutschen und brasilianischen Kirche – „Ich kann die Leute nicht immer moralisch bewerten“ – Raubbau am Regenwald ein großes Problem

Óbidos/Würzburg/Visbek (POW) In Deutschland sei die Struktur der Kirche zu sehr auf das Priestertum ausgerichtet, in Brasilien richte sie sich mehr auf die Gemeinden aus. Über die Unterschiede zwischen der Kirche in Deutschland und in Brasilien hat Bischof Bernardo Johannes Bahlmann, Bischof von Würzburgs brasilianischem Partnerbistum Óbidos, bei einem Besuch in seinem Heimatort Visbek gesprochen. „Was Priestermangel wirklich bedeutet, das wisst Ihr in Deutschland gar nicht.“ Für sein Bistum, das flächenmäßig zehnmal so groß ist wie das Bistum Münster, hat Bahlmann zwölf Diözesan- und 13 Ordenspriester zur Verfügung. Dennoch ist der Priestermangel für ihn nicht das größte Problem. „Wir müssen mehr auf die Straße gehen und nicht auf Dinge warten, die zu uns kommen.“

In Brasilien ist Bischof Bahlmann wegen seines sozialen und gesundheitspolitischen Engagements bekannt. „Brasilien hat massive soziale Probleme, der Staat deckt vieles nicht ab“, sagt er. Eine sozialpolitische Einmischung der Kirche sei dringend nötig und werde auch gehört in einem Land, dessen Bevölkerung zu fast zwei Dritteln katholisch sei. Die Stadt Óbidos und der Bundesstaat Pará dankten es ihm im vergangenen Jahr mit der Ehrenbürgerwürde, der Malteserhilfsdienst für Zentral- und Nordbrasilien ernannte ihn zum Ehrenpräsidenten. Zuvor hatten ihn auch die Tiriyó- und Kaxuyana-Indios im Tumucumaque Nationalpark im Norden des Bundesstaats Pará zum Ehrenhäuptling ernannt. Eine Reise in ihr 500 Kilometer entferntes Gebiet ist nur mit dem Flugzeug möglich.

„Bei uns geht Evangelisierung nicht nur über die Predigt und die Gottesdienste, sondern ganz konkret im sozialpolitischen Umfeld. Man muss nach den Notwendigkeiten der Menschen schauen und auf die Wahrung der Menschenrechte. Das gilt besonders für die Indios, die vielfach aus der Gesellschaft ausgeschlossen sind“, sagt Bischof Bahlmann. Ob er als Franziskaner auf dem Bischofsstuhl anders tickt als ein Weltgeistlicher? „Vielleicht, Ordensgeistliche haben wohl einen höheren Gemeinschaftssinn.“ Etwa die Hälfte der rund 460 brasilianischen Bischöfe sind Ordensgeistliche, viele von ihnen – so wie Bahlmann – gebürtige Ausländer.

Bezüglich der bevorstehenden Familiensynode in Rom nimmt er wahr, dass in Deutschland viel über wiederverheiratete Geschiedene oder Homosexualität gesprochen wird. „Mir fehlt eine Reflektion über die eigentliche Evangelisierung der Familien.“ Das sei ein ganz anderer Blick. „In Brasilien sprechen wir von der Familie als Ganzes“, erklärt Bischof Bahlmann. Wiederverheiratete Geschiedene seien dort kein Problem: „Bei uns heiraten die Leute erst gar nicht.“ Die Kirche müsse diese Menschen aber als Personen und Gläubige wahrnehmen, betont der Bischof. „Unsere Aufgabe ist es vorrangig, Jesus Christus zu verkünden.“ Für ihn sei es nicht so wichtig, welchen Familienstand seine Mitarbeiter hätten, sondern dass sie sich mit Kirche identifizieren. „Ich kann die Leute nicht immer moralisch bewerten, sondern muss sie mit einem pastoralen Auge ansehen.“

Neben theologischen und sozialen Themen liegt Bahlmann, der als junger Mann in Visbek und Friesoythe Landwirtschaft gelernt hatte, die Bewahrung der Schöpfung am Herzen. „Der Raubbau am Regenwald ist ein riesiges Problem.“ Hierbei trügen auch europäische Regierungen und Verbraucher eine große Verantwortung und könnten sich nicht hinter Zertifikaten verstecken, die einen angeblich naturverträglichen Abbau garantieren, macht Bischof Bahlmann deutlich. Seine Kirche mische sich hier immer wieder ein. Doch es sei nicht einfach, einzelne Beamte in zuständigen Verwaltungen bekämen immer wieder Morddrohungen.

Zur Person: Bischof Bernardo Johannes Bahlmann

Bischof Bernardo Johannes Bahlmann (54) ist seit April auch Vorsitzender der regionalen Bischofskonferenz Nord 2 der brasilianischen Bischofskonferenz. Mit 1,4 Millionen Quadratkilometern ist das Gebiet fast viermal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. 8,8 Millionen Menschen leben dort. 1983 kam der gebürtige Visbeker Bahlmann im Rahmen eines Pfarrpraktikums nach Brasilien. Er blieb dort, trat den Franziskanern bei und studierte an ordenseigenen Hochschulen Philosophie und Theologie. 1997 weihte ihn Bischof Dr. Reinhard Lettmann in Visbek zum Priester. 2009 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof der nordbrasilianischen Territorialprälatur Óbidos, die 2012 in ein Bistum umgewandelt wurde. Mindestens einmal im Jahr besucht Bahlmann seine Familie. „Es ist immer wieder gut, zu den Wurzeln zurückzukommen“, sagt er. Sein Plattdeutsch funktioniert noch gut. Besuche in Deutschland verbindet er mit Treffen mit seinem Weihbischof Dr. Felix Genn und seinem damaligen Vikar, Weihbischof Heinrich Timmerevers, der den jungen Landwirt Bahlmann 1982 für die Theologie begeistert hatte.

Dr. Ludger Heuer (Bischöflich Münstersches Offizialat)

(2515/0599; E-Mail voraus)

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