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„Solidarität verbessert das Leben“

Bischofssekretär Antonino Costa Martins aus dem brasilianischen Óbidos hat im vergangenen halben Jahr das Bistum Würzburg intensiv kennen gelernt – Was die Partnerdiözesen voneinander lernen können

Würzburg/Óbidos (POW) Von Ende September 2012 bis Anfang April 2013 hat Antonino Costa Martins, Bischofssekretär von Bischof Bernardo Johannes Bahlmann im brasilianischen Partnerbistum Óbidos, im Bistum Würzburg gelebt, um einen Deutschkurs zu absolvieren sowie Land und Leute besser kennen zu lernen. Was ihn an Deutschland beeindruckt hat und welche Perspektiven er für die Zusammenarbeit der beiden Diözesen sieht, schildert der auf Umweltfragen spezialisierte 26-jährige studierte Philosoph und Religionswissenschaftler im folgenden Interview.

POW: Welche bleibenden Eindrücke nehmen Sie aus Deutschland mit?

Antonino Costa Martins: Deutschland ist ein schönes Land, jedoch ganz anders als das, was ich aus dem Norden Brasiliens kenne. In den sechs Monaten, die ich hier verbracht habe, konnte ich viele Sachen kennen lernen, die ich jedoch leider nicht alle hier aufzählen kann. Einige Dinge möchte ich hervorheben: Ich konnte ein wenig die unterschiedlichen Jahreszeiten hier erleben, Herbst, Winter und ein wenig noch den Frühling. Jetzt fehlt mir nur noch der Sommer – auch wenn ich den Sommer in Brasilien immer erlebe. Ich habe auch wahrgenommen, dass sich das Leben der Menschen dem Rhythmus der Jahreszeiten anpasst. Im Herbst nutzt man zum Beispiel noch die letzten warmen Tage vor dem Einbruch des Winters. Ich hatte die Chance, bei einer Weinlese mitzuarbeiten, durch die Weinberge zu spazieren und ich konnte auch verschiedene Weinsorten probieren. Im Winter, in der kältesten und dunkelsten Jahreszeit, ziehen sich auch die Menschen zurück, sie gehen weniger aus. Und jetzt im Frühling, wenn die Sonne hervorkommt, kann man sehen, dass die Menschen spazieren gehen, die Straßencafés füllen sich, und die Freude scheint zurückzukehren. Das Gleiche findet auch in der Kirche statt, denn die Kirche begleitet den Rhythmus des täglichen Lebens.

POW: Was hat Sie hier am meisten überrascht?

Martins: Für mich ist sehr interessant, wie die Menschen hier ihr Leben organisieren. Alles planen sie lange voraus, auch wenn sie Freunde treffen wollen. In Brasilien treffen wir unsere Freunde in der Regel sehr spontan. Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich sehr viel über dieses Land gelesen. Aber ein halbes Jahr hier zu leben, übertrifft alle gelesenen Informationen.

POW: Was haben Sie in Deutschland am meisten vermisst?

Martins: Am meisten habe ich die Sonne vermisst. Meine Heimatstadt Óbidos liegt ganz in der Nähe des Äquators, das heißt, wir haben zwölf Stunden Sonne am Tag und das fast jeden Tag. Und auch in der Regenzeit, die wir „Winter" nennen, sinkt die Temperatur nie unter 25 Grad. Vor meinem Deutschlandaufenthalt bin ich noch nie so lange aus Brasilien weg gewesen. Vor allem in den letzten Monaten habe ich sehr unsere typischen Gerichte vermisst. Und noch etwas: Ich freue mich riesig, wenn ich endlich wieder in der Hängematte schlafen kann.

POW: Was kann die deutsche Kirche von Brasilien lernen und umgekehrt?

Martins: Diese Frage ist sehr interessant. Wir können viel alleine lernen. Aber wenn wir auf jemanden treffen, der ganz anders ist als wir, dann können wir eigentlich doppelt lernen. Ich denke, dass die Kirche in Deutschland viel von der Kirche in Brasilien lernen kann, besonders was das große Engagement der Laien in den Gemeinden angeht, die deutliche Positionierung der Kirche in sozialen Fragen und die Verbindung der Religion mit dem tagtäglichen Leben der Menschen. Die Kirche Brasiliens kann von der deutschen Kirche die gute Organisation und Strukturierung der Arbeit lernen. Die Diözese Würzburg verfügt über komplexe Strukturen, ganz anders als ich es aus der brasilianischen Kirche kenne.

POW: Was erwarten Sie vom Weltjugendtag, der in diesem Jahr in Brasilien stattfindet und an dem auch eine Gruppe aus dem Bistum Würzburg teilnimmt?

Martins: Der Weltjugendtag ist ein wichtiges Event für die katholische Jugend der ganzen Welt. Die Teilnehmer können sich auf den neuen Papst freuen, über den wir besonders glücklich sind, da es dieses Mal ein Papst aus Südamerika ist. Das ist ein historischer Moment für die katholische Kirche. Was Brasilien generell anbelangt, so ist es die Lebensfreude der Brasilianer, die es so besonders macht. Das kann man immer und überall erleben. Die Menschen musizieren und tanzen, das gehört dort einfach zum Leben dazu. Ich denke, dass das die beste Art ist, die Jugendlichen zu empfangen, damit sie sich wie zuhause fühlen können.

POW: Welche Vision haben Sie für die Partnerschaft der Bistümer Óbidos und Würzburg?

Martins: Die Partnerschaft ist für uns sehr wichtig, da wir noch viel voneinander lernen können. Wir sollten die Kirche als Glaubensgemeinschaft erfahren. Wir können dadurch unseren Glauben kommunizieren und Ideen austauschen. Und das ist ein sehr wichtiger Aspekt innerhalb der Kirche, dass wir uns sowohl gegenseitig unterstützen, als auch gegenseitig für den Glauben begeistern. Der Glaube kann auch heute in den verschiedenen Situationen gelebt werden. Ich denke, das ist etwas, was uns alle motiviert. Die Partnerschaft existiert schon seit langer Zeit, auch wenn das noch nicht mit einem Dokument besiegelt war. Die Ordensfrauen aus der Diözese Würzburg arbeiten schon viele Jahre in verschiedenen Projekten vor Ort, wie zum Beispiel in Kinder- und Jugendprojekten oder auch mit den Familien zusammen. Dass ich heute in Würzburg sein konnte, verdanke ich der Arbeit der Schwestern, besonders Schwester Brunhilde Henneberger, und der Partnerschaft, die dank ihrer Bemühungen und der vieler Personen der Diözese Würzburg unterschrieben werden konnte. Ich denke, dass die Solidaritätsarbeit der Weltkirche das Leben von Menschen verbessern kann, wie das zum Beispiel bei mir der Fall war. Schon mein ganzes Leben lang begleitet mich die Partnerschaft der zwei Diözesen.

Interview: Markus Hauck (POW)

(1513/0377; E-Mail voraus)

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